17. Juni? 9. November? 3. Oktober!
Am 18. Januar 1871 wurde in der Spiegelgalerie von Schloss Versailles das Deutsche Reich ausgerufen – der deutsche Nationalstaat war geboren. Es dauerte nicht lange und die Leute erklärten den Tag zum Nationalfeiertag. Doch Kaiser Wilhelm 1 war anderer Meinung: Vor genau 170 Jahren (18. Januar 1701) wurde der erste König von Preußen gekrönt – und Wilhelm von Preußen wollte ihn am 18. Januar mit dieser Krönung in Verbindung bringen. Der neue Staat hatte mehrere Jahre keinen Nationalfeiertag und wurde inoffiziell am 2. September gefeiert, der an die entscheidende Niederlage der Franzosen in der Schlacht von Sedan 1870 erinnerte.
In der Weimarer Republik wurde der 11. August zum Nationalfeiertag erklärt, weil an diesem Tag 1919 Bundespräsident Friedrich Ebert eine neue Verfassung unterzeichnete. Unter dem NS-Regime wurde der 19. Mai 1933 zum „Nationalfeiertag des deutschen Volkes“. Im geteilten Deutschland gab es zwei Feiertage. Im Osten war es der 7. Oktober, der Tag der offiziellen Staatsgründung 1949. Der Westen feierte am 19. Juni den 17. Juni, den Tag des Aufstands der DDR-Bürger gegen das stalinistische Regime.
Als am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel, schien das Datum des deutschen Nationalfeiertags klar.
Das Problem war, dass der 9. November auch Schauplatz anderer Ereignisse in der deutschen Geschichte war: der Sturz der Monarchie 1918 infolge der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der „Brauereiputsch“ 1923. Ein gescheiterter Staatsstreich unter der Führung des jungen Adolf Hitler, der zehn Jahre später den 9. November zu einem wichtigen Datum im NS-Kalender machte, um die angeblichen „Märtyrer“ der Episode zu feiern.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Datum mit einem der tragischsten Ereignisse in der modernen deutschen Geschichte zusammenfiel: Die Kristallnacht am 9. November 1938, als die Nazis brutale Gewalt gegen Juden verübten und Synagogen, Geschäfte und jüdische Häuser niederbrannten.
Der Termin der deutschen Einheitsfeier endete damit am 3. Oktober. Dies war der Zeitpunkt, an dem im 1990 unterzeichneten Wiedervereinigungsvertrag die beiden deutschen Staaten als ein Land entstehen sollten.
Keine staatliche Eigenwerbung
In anderen Ländern werden Feiertage bunt und pompös gefeiert – mit Feuerwerk und Militärparaden. Zum Beispiel in Frankreich bei der Fête Nationale, die am 14. Juli 1789 die Eroberung der Bastille feiert.
In Deutschland werden Feste meist gemessen. Obwohl die Feierlichkeiten im ganzen Land stattfinden, findet die offizielle Feier jedes Jahr in einer anderen Stadt statt. 2019 wird es in Kiel, der Hauptstadt des Bundeslandes Schleswig-Holstein, im Norden Deutschlands sein.
Autor: Carla Christ
„Food-Nerd. Stolzer Speck-Experte. Alkohol-Junkie. Ärgerlich bescheidener Problemlöser. Zertifizierter Bier-Guru.“