Während die anderen Parteien ihre Ergebnisse von 2017 geschrumpft oder nur gehalten haben, haben die Grünen bei der letzten Wahl ihre Stimmen deutlich ausgebaut. Nach dem offiziellen vorläufigen Ergebnis muss die Partei von 8,9% vor vier Jahren auf 14,8% an diesem Sonntag (26. September) springen.
Als der Klimawandel zu den Hauptsorgen der deutschen Wähler avancierte und die Kampagne, die von verheerenden Überschwemmungen im Westen des Landes getrübt wurde, gewannen die Grünen einen dramatischen Stimmenzuwachs.
Probleme bereitete der Zugewinn auch Bundeskanzlerin Annalena Baerbock, die im Mai kurzzeitig an der Spitze der Umfrage stand, aber wegen Kontroversen um Plagiatsvorwürfe und Ungenauigkeiten in ihrem Lebenslauf bald Punkte verlor.
Auch die Grünen mussten lernen, sich von den anderen Seiten abzugrenzen. Angesichts der wachsenden Umweltbedenken in Deutschland haben alle Schlagzeilen – mit Ausnahme der rechtsextremen AfD – mehr oder weniger Klimaschutzmaßnahmen in ihre Programme aufgenommen.
Die Reaktion der Grünen bestand darin, noch drastischere Vorschläge zu verabschieden, wie die Annahme eines Zeitplans für das Verbot von Autos mit Verbrennungsmotoren und die Antizipation von Kohleausstiegszielen im Land. In Debatten mit anderen Kanzlerkandidaten nutzte Baerbock die Gelegenheit, der aktuellen Regierungskoalition aus CDU und SPD mangelndes Engagement für die Einhaltung der Emissionsreduktionsziele vorzuwerfen.
Die Vorschläge haben Kritik von CDU/CSU-Konservativen und FDP-Liberalen hervorgerufen, die den Grünen vorgeworfen haben, der Wirtschaft schaden zu wollen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte bei einer Veranstaltung sogar: „Wer grün wählt, kann Autoschlüssel in die Wahlurne werfen.“
Die „Angst“-Kampagne der Konservativen und Liberalen brachte jedoch nicht die gewünschten Effekte. Eine große Zahl von Wählern hat schließlich das ehrgeizige Programm der Grünen angenommen. Die Anziehungskraft der Schlagzeile war bei den Wählern im Alter von 18 bis 29 Jahren besonders groß. Mehr als 35 % gaben in Umfragen im September an, die Grünen zu bevorzugen – der höchste Anteil in dieser Altersgruppe aller deutschen Parteien.
Es hieß offiziell Bündnis 90 / Die Grünen und wurde 1980 in Westdeutschland von pazifistischen Bewegungen gegen die Präsenz von Atomwaffen in Europa gegründet.
1990 schlossen sie sich mit ihren ehemaligen DDR-Kollegen zusammen. Die Partei war zunächst für Ansätze bekannt, die damals als radikal galten, aber im Laufe der Zeit begann sie sich auf eine pragmatischere Agenda zu konzentrieren, als sie ihren Platz in der deutschen politischen Landschaft festigte und an den Landesregierungen teilnahm. Heute hat die Partei den Landeshauptmann Winfried Kretschmann aus dem reichen Bundesland Baden-Württemberg und beteiligt sich an Koalitionen in zehn weiteren Landesregierungen.
Analysten weisen darauf hin, dass es so gut wie sicher ist, dass die Grünen mit ihrer neu gewonnenen Macht die künftige Bundesregierung in ein Dreierbündnis integrieren werden. Die Schlagzeile ist dem Kanzleramt nicht fremd. Von 1998 bis 2005 waren die Grünen Koalitionspartner der Sozialdemokraten unter Bundeskanzler Gerhard Schröder.
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